MEIN LEBEN mit ...
... NEUER HERZKLAPPE
Klaus-Peter Steffens Herz schlägt für den Bergbau. Dass es überhaupt noch schlägt, verdankt er einer neuen Herzklappe.
TEXT: CAROLIN DIEL
FOTOS: BOZICA BABIC
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Die Geschichte vom Grubenpferd Tobias, die Legende der heiligen Barbara oder wie der Gag eines Kumpels mit einem königsblauen Kohlenhobel, einem typischen Bergbaugerät, vor dem Schalker Stadion endet: Klaus-Peter Steffen kennt alle Anekdoten des Ruhrpottbergbaus. Seit rund drei Jahren engagiert sich der 67-Jährige als Besucherführer im Trainingsbergwerk Recklinghausen und erfüllte sich damit einen Traum. Es ist eine Reihe von Träumen, die er seit dem 27. Oktober 2015 wahr machte. Denn dieser Tag habe sein Leben verändert, sagt er. Es ist der Tag, an dem Steffen eine neue Herzklappe bekam.
Ein paar Wochen vor jenem Tag: Steffen geht früh zu seinem Dienst als Straßenwärter in einer Autobahnmeisterei. Er soll einen Unfall absichern. Steffen fühlt sich nicht gut. Zu wenig getrunken, denkt er. Plötzlich wird ihm schummrig, er versucht sich noch an einer Leitplanke festzuhalten. „Dann hat jemand das Licht bei mir ausgeknipst und ich lag im Grünstreifen“, so Steffen. Die Diagnose: bikuspide Aortenklappe. „Die Herzklappe besteht also nicht wie normalerweise aus drei, sondern nur aus zwei Segmenten“, erklärt Dr. Konstantinos Tsagakis, der Steffen damals als Herzchirurg behandelte. Mit der Zeit führt dieser Herzfehler zu einer Verengung und oft auch Undichtigkeit der Herzklappe. Eine neue muss her.
„Für uns ist das Routine, aber für den Patienten ist es eine große Sache“, so Tsagakis. Das Brustbein wird geöffnet, der Körper an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, das Herz zum Stillstand gebracht. Die Maschine übernimmt also die Arbeit des Herzens, während der Chirurg die alte Herzklappe durch eine neue – im Fall von Steffen eine Klappe aus Rinderherzbeutelgewebe – ersetzt. „Besonders die Lunge braucht dann Zeit, um sich von der Brustkorböffnung zu erholen“, so Tsagakis.
Sicherheit geht vor: Im Bergwerk schützt Steffen der Helm, im Alltag ein neuer gesunder Lebensstil.
Sicherheit geht vor: Im Bergwerk schützt Steffen der Helm, im Alltag ein neuer gesunder Lebensstil.
Die entscheidende Frage
Zehn Tage bleibt Steffen am UK Essen, vier Wochen in der Reha. Die Schwere des Eingriffs sei ihm erst in Gesprächen mit einer Psychologin in der Reha bewusst geworden, so Steffen: „Da habe ich verstanden, dass ich wirklich in Lebensgefahr war.“ Die Konsequenz? Steffen horcht mehr in seinen Körper hinein. Er hat keine Zigarette mehr geraucht und Alkohol kommt nur noch in die Soße, so der begeisterte Hobbykoch. Zudem lässt ihn eine Frage der Psychologin nicht mehr los: „Was wolltest du schon immer machen?“
Die Frage wird zum Antrieb seines neuen Lebens. Er erfüllt sich seinen Wunsch einer Israel-Reise, lernt Hebräisch, baut einen Puppenwagen für seine Enkelin. 2020 beginnt er beim Trainingsbergwerk Recklinghausen e. V. Menschen sein Herzensthema, den Bergbau, näherzubringen. Zwar war Steffen nie selbst Kumpel, aber er saugt alles auf, was seine Kollegen, die unter Tage gearbeitet haben, berichten. Das Team nennt ihn den „Geschichtenerzähler“.
Anders als der deutsche Bergbau hat seine persönliche Geschichte zum Glück ein Happy End. Sein Herz bereitet ihm heute keine Probleme mehr. Er weiß, dass er dies auch dem Stationsteams der HZ3 zu verdanken hat. Jedes Jahr um den 27. Oktober schickt Steffen einen Dankesgruß an die Station.
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