
INTERVIEW
„ICH WILL KEINE RIESIGEN MUSKELN MEHR“
Mit 65 Jahren fühlt sich der Recklinghäuser Ralf Moeller heute so fit wie noch nie. Der ehemalige Mr. Universe über Sport im Alter, „Schummeltage“ und smarte Fitnessgeräte.
TEXT: CAROLIN DIEL
FOTOS: HANS SCHÄFER
Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
Herr Moeller, Sie sind dieses Jahr 65 Jahre alt geworden, gehen aber immer noch jeden Tag ins Fitnessstudio. Sind Sie nicht etwas zu alt fürs Krafttraining?
Für Krafttraining kann man nie zu alt sein. 656 Muskeln steuern unseren Körper und bereits ab 30 Jahren baut sich die Muskelmasse leider wieder ab, wenn man nicht mit Sport und Bewegung dagegen angeht. Fatal, denn weniger Muskelmasse ist für den gesamten Organismus schlecht. Die Köperstabilität lässt nach, was auch die Verletzungsgefahr vergrößert.
Wie trainieren Sie heute im Vergleich zu früher?
Die Wissenschaft und somit die Geräte haben sich stark weiterentwickelt. Daher gibt es heute viel effizientere Trainingsmethoden, wie zum Beispiel mit smarten Fitnessgeräten und gut aufeinander abgestimmten Trainingseinheiten. Ich trainiere heute mit weniger Gewichten und mehr Wiederholungen. Ich will auch keine riesigen Muskelmassen mehr aufbauen, daher setze ich auf Regelmäßigkeit und Abwechslung. Das heißt Krafttraining in Kombination mit Cardio-Training. In Kombination mit meiner veganen Lebensweise kann ich heute sagen, ich fühle mich fitter denn je.
Viele ältere Menschen schrecken vor Krafttraining und dem Fitnessstudio zurück. Dabei ist es erwiesenermaßen eine der besten Arten, sich im Alter fit zu halten. Wie würden Sie Krafttraining schmackhaft machen?
Ich sage immer, Hauptsache machen! Auch wenn man nur mit Mini-Einheiten von 15 bis 20 Minuten beginnt oder zu Hause mit Wasserflaschen und Eigengewicht trainiert – jedes Training hilft.
Seit einigen Jahren sind Sie Veganer. Wie gehört für Sie der Verzicht auf tierische Produkte und Fitness zusammen?
Der Körper ist einfach fitter und man fühlt sich wohler, wenn man auf tierische Produkte verzichtet. Dazu kommt dann noch das gute Gefühl, auch etwas für das Tierwohl zu tun. Vegan Essen ist also doppelt gut.
Jeden Morgen um 6 Uhr trainieren, immer gesund essen – haben Sie denn auch mal einen „inneren Schweinehund“, den Sie überwinden müssen? Und wenn ja, wie machen Sie das?
Ich denke dann immer an das wunderbar gute Gefühl, das sich nach einer Trainingseinheit einstellt. Aber klar, ab und an können auch mal „Schummeltage“ drin sein, wenn man sonst regelmäßig trainiert.
Vor über 30 Jahren sind Sie vom Ruhrgebiet in die USA gezogen. Was ist dort besser als bei uns?
Damals war die Fitnessindustrie in den USA sehr viel weiter. In dem Bereich hat Europa heute gleichgezogen. Aber in Sachen vegane Restaurants hat L. A. im Moment noch die Nase vorne.
Sie sind in Ihrer Heimat Deutschland trotzdem noch sehr engagiert. Zuletzt haben Sie die Initiative „Motivation Handwerk“ mit dem Unternehmen Hans Schäfer Workwear ins Leben gerufen. Warum ist Ihnen das ein Anliegen?
Das ist mir in der Tat ein riesiges Anliegen. Die Initiative soll junge Leute für handwerkliche Berufe motivieren und Zukunftsaussichten im Handwerk aufzeigen. Es gibt immer weniger Handwerker und in den nächsten Jahren werden weitere Millionen in Rente gehen. Das heißt, wir werden noch länger auf Handwerker warten müssen. Doch Handwerk ist heute ein attraktiver Beruf mit super Karriere- und Verdienstchancen. Außerdem ist man in Bewegung. Heute wissen wir, dass ständiges Sitzen die Lebensdauer verkürzt und zum Beispiel Diabetes fördert. Sieht man sich die Warnungen der Weltgesundheitsorganisation an, möchte man sofort aufspringen und erst einmal ein paar Kniebeugen machen. Darüber hinaus haben Handwerker laut Studien am wenigsten Burnout-Probleme, sind glücklicher und, wie der Playboy herausgefunden hat: Handwerker sind sexy!

Ralf Moeller
wurde am 12. Januar 1959 in Recklinghausen als Sohn eines Schlossers und einer Schuhverkäuferin geboren. Mit 17 wird er professioneller Bodybuilder. Höhepunkt seiner Karriere ist die Wahl zum Mr. Universum 1986. Ende der 1980er-Jahre startet er als Schauspieler durch und schafft es mit Filmen wie „Gladiator“ oder „The Tourist“ bis nach Hollywood an die Seite von Angelina Jolie und Johnny Depp. Seine Bekanntheit nutzt Moeller außerdem, um für soziale und gesellschaftspolitische Projekte zu werben, zum Beispiel die Initiative „Motivation Handwerk” oder PETA.
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