MEINE ENTDECKUNG
MUTIERTE WÄCHTER
Eine Mutation des Tumor-Suppressor-Gens BAP1 kann zu sehr aggressiven Tumoren führen. Dr. Samuel Peña-Llopis untersucht, wie man die mutierten Gene gezielt ausschalten kann.
ILLUSTRATION: MARIA MARTIN
TEXT: ARON SONDERKAMP
MEINE ENTDECKUNG
MUTIERTE WÄCHTER
Eine Mutation des Tumor-Suppressor-Gens kann zu sehr aggressiven Tumoren führen. Dr. SamuelPeña-Llopis untersucht, wie man die mutierten Gene gezielt ausschalten kann.
ILLUSTRATION: MARIA MARTIN
TEXT: CAROLIN DIEL

DR. SAMUEL PEÑA-LLOPIS leitet als Teil der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen am WTZ Essen die Arbeitsgruppe Translationale Genomik.
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Tumor-Suppressor-Gene sind eine Art Wächter im menschlichen Organismus. Sie verhindern die Bildung von Tumoren, indem sie zur Kontrolle des Zellwachstums, zur Reparatur von DNA-Schäden oder auch zur Steuerung des programmierten Zelltods beitragen. Zu diesen Wächtern gehört auch BRCA1-Associated Protein 1 (BAP1). Mutieren Tumor-Suppressor-Gene, sind sie jedoch für die Entstehung von bösartigen Tumoren verantwortlich. Dr. Samuel Peña-Llopis entdeckte 2012, dass Mutationen in BAP1 in besonders aggressiven Tumoren resultieren. Dann ist der Krebs selbst bei Entfernung des Haupttumors meist tödlich. Jetzt fanden Peña-Llopis und sein Team heraus, dass Tumoren mit diesen Mutationen eine Schwachstelle aufweisen. Bei Tumor-Suppressoren müssen für gewöhnlich beide Kopien eines Gens in einer Zelle verloren gehen, damit ein Tumor entstehen kann. Geht eine Kopie verloren, ist also eine zusätzliche Mutation erforderlich, um die Funktion des Tumor-Suppressor-Gens zu stören oder ganz zu beenden. Ist das der Fall, kommt es bei Tumor-Suppressoren zu inaktivierenden Mutationen. Das heißt, dass das von dem betroffenen Gen kodierte Protein und dessen Funktion gänzlich verloren geht. Diese verlorenen Gene und Proteine können nicht reaktiviert werden. BAP1 ist mit mehreren zellulären Signalwegen verbunden. Diese transportieren Informationen, auch die des Tumor-Suppressor-Gens, innerhalb der Zellen. Eine BAP1-Mutation stört die Aktivität der Signalwege. Die Folgen können schnellere Zellteilung, Probleme bei der DNA-Reparatur oder dem kontrollierten Zelltod sowie Veränderungen bei der Nutzung von Genen sein. Das begünstigt Tumorwachstum und Krebsmetastasen.
Gezielt ausgeschaltet
Um Tumoren gezielt zu bekämpfen, setzt Peña-Llopis auf das Konzept der synthetischen Letalität. Das beschreibt die Beziehung zwischen zwei Genen, die in einer Zelle zusammenarbeiten. Wenn eines der beiden Gene in einem bestimmten Gen-Paar defekt oder mutiert ist, kann die Zelle weiterleben. Wenn jedoch auch das Partner-Gen inaktiviert wird, stirbt die Zelle. Die Beziehung des Gen-Paars wird dann also letal. Medikamente, die auf eine synthetische Letalität abzielen, schalten gezielt eines der Partner-Gene in allen Zellen aus. Zellen mit einem defekten Gen sterben mit der Behandlung also ab, während Zellen mit einem voll funktionsfähigen Gen überleben. Solche Partner-Gen-Beziehungen hat auch BAP1 und machen es so indirekt angreifbar. Ein potenziell geeignetes Medikament hat Peña-Llopis bereits gefunden: „Bevor damit klinische Studien durchgeführt werden können, müssen allerdings noch weitere Tests an präklinischen Modellen wie Tumor-Organoiden mit BAP1-Mutationen von Krebspatienten durchgeführt werden.“