KREBS
HILFE NACH DER KREBSTHERAPIE
Eine Krebserkrankung bedeutet einen tiefen Einschnitt ins Leben und viele Überlebende kämpfen mit psychischen oder körperlichen Spätfolgen. Umso wichtiger ist es, die Betroffenen auch im Anschluss an die Therapie zu betreuen. Der Forschungsverbund Optilater soll dabei helfen.
TEXT: ROYA PIONTEK
FOTO: PRISCILLA DU PREEZ / UNSPLASH
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Als er im Frühjahr 2021 in seiner linken Leiste einen geschwollenen Lymphknoten ertastet, ändert sich Alfred Leskes Leben rasant. „Mein Hausarzt war sich nicht sicher, ob es nur eine Entzündung ist, und riet sicherheitshalber zu einer Computertomographie (CT) zur weiteren Abklärung“, erinnert sich der 71-Jährige. Das CT und eine histologische Untersuchung des Lymphknotens bringen schließlich die schreckliche Gewissheit: Leske hat einen metastasierenden Tumor im Bereich der Blase. Dieser kann nicht operativ entfernt werden.
Damit wurde Leske zu einem der vielen Krebspatientinnen und -patienten, die jedes Jahr am Westdeutschen Tumorzentrum (WTZ) Essen eine onkologische Therapie beginnen. Diese Therapien dauern in der Regel einige Monate, manchmal auch Jahre. Wer eine solche abschließt, hat jedoch in der Regel kaum komplett mit dem Krebs abgeschlossen, weiß Prof. Dr. Viktor Grünwald, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie sowie Leiter der interdisziplinären Uroonkologie am WTZ Essen: „Sowohl Betroffene, die im Anschluss an die Therapie als geheilt gelten, als auch Menschen wie Herr Leske, bei dem eine Wiederkehr der Krebserkrankung nicht ausgeschlossen ist, kämpfen oft mit den Folgen ihrer Erkrankung oder Therapie wie beispielsweise einer Schädigung oder müssen entscheiden, wie ihre Langzeittherapie aussehen soll.“
Psychoonklogische Beratung gibt Kraft
Leske machte eine Chemo- und Strahlentherapie am WTZ Essen. Der früher so sportliche Mann kämpfte mit seelischen und körperlichen Tiefs. Um damit besser umgehen zu können, nutzte er früh das Angebot einer psychoonkologischen Beratung. Darüber hinaus erfolgte durchgehend eine enge Betreuung durch das Team um Grünwald – auch über die ersten Therapien hinaus. Leske: „Die regelmäßigen Gespräche vor Ort mit den behandelnden Ärzten waren wichtig.“ Schließlich müsse man als Patient viele Entscheidungen treffen und dafür gut informiert sein, sagt er. Aktuell muss er beispielsweise entscheiden, ob er die Immuntherapie fortführen oder zunächst pausieren möchte. Beides ist möglich – und beides beinhaltet nicht unerhebliche Risiken. So kann ein Ende der Immuntherapie zur schnellen Wiederkehr des Krebses führen, die Fortführung wiederum dazu beitragen, dass intakte Körperorgane angegriffen werden.
Optilater: Begleitung über die Krebstherapie hinaus
Eine solche enge Betreuung von Krebspatientinnen und -patienten auch über die Therapien hinaus sei wichtig, damit sie sich mit den Sorgen und Problemen, die nach dem Krebs bleiben, nicht allein gelassen fühlen, betont Grünwald. Doch leider gebe es für diese Betreuung bislang keine einheitliche Strategie. Das möchte der Forschungsverbund Optilater ändern. „Wir wollen die Bedürfnisse von Krebsüberlebenden gezielt abfragen: Wie wurden sie bisher informiert und betreut? Fühlen sie sich ausreichend informiert? Was kann verbessert werden?“, so Grünwald. Dazu werden über das Krebsregister Überlebende stichprobenartig, repräsentativ und anonym ausgewählt und via Fragebogen interviewt. Außerdem tauscht sich das Forschungsteam mit einem internationalen Beirat aus, der Ergebnisse und Erkenntnisse aus anderen Ländern mit ihm teilt. Die Leitung des interdisziplinären Konsortiums teilt sich Grünwald mit Prof. Dr. Uta Dirksen, stellvertretende Leiterin der Kinderklinik der UME.
Trotz der Ungewissheit über den weiteren Krankheitsverlauf ist Leske grundsätzlich positiv gestimmt: „„Natürlich kostete es immer wieder Kraft, sich auf den Moment und die nächsten Schritte zu konzentrieren und nicht zu kapitulieren“, sagt Leske, aber inzwischen sei er wieder leistungsfähiger, könne Sport treiben und genieße die Zeit mit seiner Familie bewusster. „Ganz ausblenden lässt sich der Krebs nicht – aber er steht auch nicht mehr die ganze Zeit im Fokus.“
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