KUNSTTHERAPIE

SUPERHELDEN UND GESPENSTER


Um bei (kleinen) Patienten die inneren Superkräfte zu aktivieren, helfen manchmal schon ein paar Pinselstriche. Das macht sich Kunsttherapeutin Annelie Ender am Westdeutschen Protonentherapiezentrum zunutze.

TEXT: CAROLIN DIEL

FOTOS: JAN LADWIG

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Wie ein Gitter legt sich die Kunststoffmaske eng über das Gesicht. Für jeden Patienten wird sie dafür individuell angefertigt. Schon kleinste Bewegungen gefährden den Erfolg einer Protonenbestrahlung. Die Maske sorgt dafür, dass die Therapie genau da wirkt, wo sie wirken soll. Aber neben dieser Funktion hat sie einen unangenehmen Nebeneffekt: „Sie kann sich beklemmend anfühlen“, erklärt Annelie Ender, „vor allem weil unsere Patienten meist noch sehr jung sind.“ Daher hat Ender eine Methode entwickelt, um den Masken ihren Schrecken zu nehmen. Sie lässt sie von den Kindern bemalen. Ender: „Wir machen daraus zum Beispiel ‚Superhelden-Masken‘.“ Aus einem furchteinflößenden Gegenstand wird so ein Symbol der eigenen Stärke und aus ängstlichen Patienten werden selbstbewusste. Diese Möglichkeiten zum Mutmachen sind es, die Ender an der Kunsttherapie reizen. Eigentlich ist sie als Medizintechnische Assistentin am Westdeutschen Protonentherapiezentrum (WPE) tätig, doch einmal wöchentlich wird sie hier auch als Kunsttherapeutin aktiv.

Die achtjährige Nele sitzt seit ein paar Wochen regelmäßig mit Ender im kleinen Atelier im WPE. Und auch sie hat ihre eigene Maske kreiert. Heute malt sie. Orange, gelbe und rosa Streifen fließen ineinander. Ender gibt keine Anweisung. Sie beobachtet nur und rät, was Nele malen will: ein Regenbogenland? Einen Sonnenaufgang? Oder doch einen Sonnenuntergang? Später taucht mitten im Bild ein Gespenst auf. „Aber ein nettes“, betont Nele. Den Patientinnen und Patienten freizustellen, was sie malen, sei sehr wichtig, so die Therapeutin. Sie sei nur eine Art „Geburtshelferin“. Ender: „Oft ist da eine innere Befindlichkeit, die raus will und sich in der Kunst irgendwann Bahn bricht, wenn man loslässt.“ Dabei hat sie auch eine Feststellung gemacht: „Kindern fällt das Loslassen oft leichter. Meist sind es die Erwachsenen, die meine Anleitung brauchen.“ Das Reden über die Kunstwerke brauche es für die positiven Effekte der Kunsttherapie eher selten, so Ender: „Nur manchmal hilft es Patienten, ihre Gefühle besser zu verstehen, wenn sie das Gemalte verbalisieren.“

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Das Zentrum für künstlerische Therapien

Die Kunsttherapie am WPE ist Teil des neu gegründeten Zentrums für künstlerische Therapien (ZFKT) an der Universitätsmedizin Essen.

www.zfkt.de


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