NACHHALTIGKEIT

„HEILEN ALLEIN GENÜGT NICHT MEHR“


Die Universitätsmedizin Essen möchte zum „Green Hospital“ werden. Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender, über das konkrete Vorgehen

TEXT: LUTZ ZIMMERMANN

FOTO: IRA SCHWINDT

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Buch-Tipp: Green Hospital, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung im Krankenhaus, herausgegeben von J. A. Werner, T. Kaatze und A. Schmidt-Rumposch, erschienen in der Medizinisch Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft.

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Herr Prof. Werner, die Universitätsmedizin Essen hat sich mit dem „Smart Hospital“ bereits auf den Weg der Digitalisierung gemacht. Jetzt möchten Sie Ihr Haus auch noch zum Green Hospital machen und haben zu diesem Thema ein Buch herausgegeben. Sehen Sie hier eine weitere Aufgabe?

Das gesamte Gesundheitssystem hat die große Aufgabe, nachhaltiger zu werden. Wir sind für gut fünf Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Ein einziges Klinikbett verbraucht pro Jahr so viel Energie wie vier Einfamilienhäuser. Wir müssen dringend aktiv werden und Ressourcen schonen. Damit rücken Bettenbelegung und Personalmanagement nochmals stärker in den Fokus unserer Planung.

Hat das Gesundheitswesen die Klimathematik verschlafen?

Vielleicht hat man sich zu lange darauf ausgeruht, dass man schon genug Gutes tut, indem man Menschen heilt. Aber das genügt nicht mehr. Unsere Legitimation rührt auch daher, dass wir nicht nur Menschen versorgen, sondern auch Zukunftsthemen angehen. Zudem gibt es da noch eine ganz simple Wahrheit, die wir im Ruhrgebiet besonders gut kennen: Nur in einer intakten Umwelt können Menschen auch gesund leben. Klimaschutz ist also auch praktizierter Gesundheitsschutz.

Was heißt das nun für das Green Hospital konkret?

Wir haben schon bei der Digitalisierung gesehen, dass es wenig Sinn hat, auf konkrete politische Wegweisungen oder auf finanzielle Förderung zu warten. Wir nehmen die Transformation selbst in die Hand. Und dabei hilft uns natürlich die Erfahrung aus der Transformation hin zum Smart Hospital.

„Ein einziges Klinikbett verbraucht pro Jahr so viel Energie wie vier Einfamilienhäuser. Wir müssen dringend aktiv werden und Ressourcen schonen.“

Prof. Dr. Jochen A. Werner

Was sind die ersten Schritte?

Der Klimaschutz muss Teil unseres Wertesystems werden und er muss strategisch und strukturell im Konzern verankert werden. Wir haben bereits einen Klinikmanager für Nachhaltigkeitsfragen benannt, außerdem eine übergeordnete Arbeitsgruppe „Team Green“ eingerichtet, der 130 Nachhaltigkeitsbeauftragte aus allen Bereichen zuarbeiten. Sie tragen die Verantwortung für Konzeption und Umsetzung aller Maßnahmen.

Zum Beispiel?

Es beginnt im Bereich Energie bei der sukzessiven Umstellung auf Ökostrom. Es geht weiter mit neuen Mobilitätskonzepten, zum Beispiel der künftigen Möglichkeit eines Dienstradleasingangebots für unsere Beschäftigten oder die Umstellung des Fuhrparks auf E-Mobilität. Und es gibt viele weitere Themen: nachhaltige Produkte im Bereich Lebensmittel, Vermeidung von Speiseresten, ein effizientes Abfallmanagement, Photovoltaikanlagen und Dachbegrünungen oder die Reduzierung von Plastikabfällen. Ein Team beschäftigt sich damit, umweltschädliche Narkosegase zu recyceln. Am Ende wird es die Summe von einzelnen Initiativen und Lösungen sein, welche die Umwelt spürbar und nachhaltig entlasten. Was aber nicht vergessen werden darf: Wir haben alle unmittelbare Einflussmöglichkeiten an unseren Arbeitsplätzen, zum Beispiel das Licht auszuschalten, wenn wir es nicht brauchen, die Heizung runterzudrehen, Stoßlüftungen zu praktizieren und manches mehr. Klimaschutz ist eine Herausforderung für das ganze Team.


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