MEIN LEBEN MIT ...

... SCHLAGANFALL


Eigentlich soll es für Ulrich Balke auf Fährte mit seinen Hunden gehen. Stattdessen landet er in der Stroke Unit.

TEXT: ROYA PIONTEK

FOTOS: BOZICA BABIC

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Ulrich Balke ist an jenem Sonntag im Herbst vor zwei Jahren nicht gut drauf. Gemeinsam mit seiner Frau und seinen vier Hunden ist er auf dem Weg zu einem „Tough Hunter“-Rennen, einem Hindernislauf, bei dem Mensch und Tier eng zusammenarbeiten müssen. Aber schon auf der Fahrt zur Veranstaltung muss er seine Frau mehrfach nach dem Weg fragen. „Normalerweise fahre ich den Weg zur Zeche Zollverein im Schlaf“, sagt der Dorstener. Dort angekommen spürt er, dass sein linkes Bein ihm nicht mehr gehorcht. „Wird schon wieder“, denkt sich der heute 54-Jährige. Wird es aber nicht.

Die herbeigerufene Notärztin schaltet schnell. Die Diagnose: Schlaganfall. Obwohl bei Balke viele der dafür typischen Symptome wie Sprachausfälle oder Vorhofflimmern fehlen. „Mein Blutdruck lag allerdings bei 300“, erzählt er. Die Notärztin besteht darauf, ihn in die Notaufnahme des Universitätsklinikums Essen zu bringen. An die Fahrt erinnert er sich nur vage, danach verschwindet vieles in einem Nebel. „Menschen, piepsende Geräte und dass ich ins MRT geschoben wurde – mehr weiß ich nicht.“ Richtig wach wird er erst wieder am Dienstag – als Patient in der Neuro 2, der Stroke Unit. Die Spezialeinheit am UK Essen unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Martin Köhrmann ist auf Schlaganfallpatienten spezialisiert und setzt dabei auf eine interdisziplinäre Betreuung. Köhrmann: „Wir beobachten oft, dass Betroffene zunächst von einer harmlosen Ursache ihrer Beschwerden ausgehen und abwarten. Aber auch bei jungen Menschen sollte man bei plötzlich auftretenden neurologischen Symptomen – wie einem hängenden Mundwinkel, Schwierigkeiten beim Anheben einer Extremität oder beim Sprechen – an einen Schlaganfall denken. Dann heißt es schnell handeln und die 112 anrufen. Denn beim Schlaganfall gilt: Time is brain. Bei Balke hat die Notärztin zum Glück richtig reagiert.“

„Alle waren bis in die Haarspitzen motiviert, mich wieder fit zu kriegen.“

Ulrich Balke

Eine Woche liegt Ulrich Balke in der Neuro 2: „Ich habe das Team in bester Erinnerung – alle waren bis in die Haarspitzen motiviert, mich wieder fit zu kriegen.“ Auf die Klinik folgt Reha. Im Dezember kann er wieder in seinen Job als kaufmännischer Angestellter im Kfz-Bereich zurückkehren. Den hatte er erst wenige Tage vor seinem Schlaganfall neu angetreten: „Ich war zwölf Jahre lang selbstständig und hatte mich nach langem Überlegen für eine Anstellung entschieden, um geregeltere Arbeitszeiten zu haben.“ Seine Sorge, dass der neue Arbeitgeber verschnupft auf seinen Krankheitsausfall reagiert, war groß – und unbegründet. „Mir wurde versichert, dass meine Stelle freigehalten wird, bis ich wieder vollständig hergestellt bin – und das wurde auch so eingehalten.“

Heute ist Balke wieder fit: „Links habe ich eine Fußheberschwäche und ‚ziehe‘ das Bein etwas nach, aber das behindert mich nicht groß.“ Und er hat seinen Lebensstil geändert: Er ernährt sich gesünder und raucht nicht mehr. Außerdem prangt auf Balkes Unterarm ein Tattoo. Das Motiv: der Schriftzug „Stroke Unit“ und das Symbol des „Tough Hunter“-Rennens. „Es soll mich immer daran erinnern, was ich nicht wieder erleben will und was ich stattdessen erreichen möchte: beim ‚Tough Hunter‘ dabei sein.“ Im September ist es so weit, Balke freut sich: „Endlich wieder ‚auf Fährte‘ gehen.“


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