MEINE ENTDECKUNG

ZUNEHMEND SCHLAUER

Beim einen macht sich die Pizza von gestern direkt auf der Waage bemerkbar, beim anderen nicht. Warum das so ist und welche Rolle dabei das Darmmikrobiom spielt, erforscht Dr. Benedikt Hild.

ILLUSTRATION: MARIA MARTIN

TEXT: CAROLIN DIEL

Dr. Benedikt Hild ist Assistenzarzt an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Transplantationsmedizin.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

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Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Jeder vierte Deutsche ist stark übergewichtig und damit anfällig für viele lebensbedrohliche Krankheiten. Dr. Benedikt Hild möchte besser verstehen, warum ein Mensch zu Übergewicht neigt und ob sich solche Neigungen verändern lassen. Im Mausmodell konnte der Gastroenterologe dabei erfolgreich einen entscheidenden Faktor identifizieren: das Darmmikrobiom. Das Mikrobiom beschreibt alle Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen, die auf oder in unserem Körper mit uns koexistieren. „Wir haben etwa zehnmal so viele Mikrobiomzellen wie eigene Körperzellen“, erklärt Hild. Dabei kann das Mikrobiom Körperprozesse beeinflussen, zum Beispiel den Stoffwechsel, wie Hilds Forschungsarbeit zeigt.

Hild verglich diese Interaktion bei Labormäusen mit derjenigen bei genetisch identischen Mäusen, die sich jedoch durch ihr Mikrobiom von den Labormäusen unterscheiden: Das Mikrobiom dieser Mäuse, sogenannter Wildlinge, ist übertragen von einer Wildmaus.

Die richtige Symbiose

„Wildmäuse leben seit Jahrtausenden in der Natur. Entsprechend haben sich die Mikroorganismen parallel mit den Mäusen entwickelt und sich so Symbiosen ergeben, die das Überleben beider sichern“, sagt Hild. Die Wildlinge und die Labormäuse wurden dann für zehn Wochen auf eine kalorien- und fettreiche Diät gesetzt. Die Hypothese der Forscher: Die Wildlinge würden besonders stark zunehmen, da ihr Mikrobiom darauf programmiert sei, Nahrung möglichst effizient zu verstoffwechseln. Doch das Gegenteil war der Fall. Hild: „Sie waren viel besser geschützt vor Gewichtszunahme, da sie mehr Energie verbrauchten.“ Auch dazu, wo die Energie verloren geht, hat das Team eine Idee: im sogenannten braunen Fettgewebe, das – sowohl bei Mäusen als auch bei Menschen – vor allem die Körpertemperatur reguliert. Muss man also nur das Mikrobiom einer Wildmaus auf eine erwachsene Labormaus übertragen und diese bleibt schlank? Leider nein, sagt Hild: „Nur wenn das Mikrobiom zu einem bestimmten Zeitpunkt übertragen wird, hat es diesen Effekt. Nämlich nur in den ersten zwei bis elf Tagen nach der Geburt.“ Den genauen Mechanismus, der dahintersteckt, können die Forschenden noch nicht erklären. Möglich sei, dass sich zu dieser Zeit das braune Fettgewebe noch im Aufbau befinde und daher empfänglich für eine Art „Programmierung“ durch das Wildmaus-Mikrobiom sei. Diese bestimme dann, wie der Körper später im Leben mit bestimmten Mikroorganismen interagiert – also auch, ob das Gewebe mehr Energie verbraucht. Das Potenzial dieser Entdeckung ist groß. Hild: „Vielleicht können wir auch beim Menschen in der frühen Kindheit mit der Übertragung eines speziellen Mikrobioms Weichen für einen höheren Grundenergieverbrauch stellen – und so Übergewicht als Erwachsener vermeiden.“


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